Reisebericht der 1. Seepost Hamburg - New York und New York - Hamburg an Bord des Dampfers Albert Ballin (16. Januar bis 15. Februar 1925).

(Nach einem Original im Archiv des Postmuseums am Stephansplatz)
Hamburg, den 18. Februar 1925
I. Ausreise:
1.) Seepostpersonal: Oberpostinspektor Dahlke, Postinspektor Zahn, Postassistent Neugebauer.
 
2.) Verlauf der Reise:
Abfahrt des Sonderzuges von Hamburg     16.1., 7.50 Uhr
an Cuxhaven     16.1., 10.08 Uhr
Abfahrt des Dampfers ab Cuxhaven     16.1., 5.00 Uhr (6 Stdn.
      Verspätung wegen Nebels)
an Boulogne     17.1., 9.15 Uhr
ab Boulogne     17.1., 10.30 Uhr
an Southampton     18.1., 5.30 Uhr
ab Southampton     18.1., 3.00 Uhr (8 Stdn.
      Verspätung wegen Nebels)
an New York Quarantäne     27.1., 7.00 Uhr
- Übergabe der Post an das Postboot -.
An Kai an der 46. Str.: 11.01 Uhr (Landung der Passagiere). Dauer der Überfahrt von Cuxhaven nach New York bis zur Übergabe der Post
(16. 1., 5.00 Uhr bis 27. 1, 7.00 Uhr)   10 Tage 14 Stunden
dazu Zeitunterschied     6 Stunden
    zusammen 10 Tage 14 Stunden
Grund der Verspätung: Nebel (s. oben) und schweres Wetter an 6 Tagen.
 
3.) Zugang an Post:
a) in Hamburg am 15. 1. Insgesamt Deutschland fremden Ländern
Paketpost 493 Sack 271 Sack 222 Sack
Briefpost 1 085 Sack 786 Sack 299 Sack
  1 578 Sack 1 057 Sack 521 Sack
b) in Cuxhaven Briefpost 587 Sack 464 Sack 123 Sack
(von den Frühzügen 50 Sack)
c) in Boulogne Briefpost 7 Sack 7 Sack -----
d) in Southampton Briefpost 1 Sack ----- 1 Sack
Zusammen 2 173 Sack 1 528 Sack 645 Sack
davon Briefpost 1 680 Sack 1 257 Sack 423 Sack
 
4.) Von der Seepost geöffnet und bearbeitet:
40 Sack Briefpost, 47 Sack Drucksachen, zusammen 87 Sack.
 
5.) Von der Seepost abgewiesen:
In Boulogne 1 Sack für Boulogne
  1 Sack für Bp (Bahnpost) 10 Herbesthal-Köln, Passagierpost
In Southampton 1 Sack für Southampton
  1 Sack für Bp 10 Herbesthal-Köln
In New York 2 188 Sack (davon von der Seepost gefertigt 102 Sack). Anerkenntnis des Postamts New York über den Empfang dieser Post liegt vor.
 
6.) Zahl der bearbeiteten Einschreibbriefe: 2 010, davon von der Seepost angenommen 11 Stück.
 
7.) Erlös für Postwertzeichen: 1 122,05 M.
 
8.) Arbeitszeit: 8 Stunden täglich, dabei jedoch zu bemerken, daß die Vorbereitung für die Ausübung des neuen Dienstes (Facheinteilung der Sortierspinde, das Verlesen der Posten) viel mehr Zeit in Anspruch genommen hat, als es künftig der Fall sein wird.
II. Heimreise:
1.) Seepostpersonal: Außer den unter I. 1.) genannten Beamten hat der amerikanische Beamte Quigley die Seepost begleitet.
 
2.) Verlauf der Reise:
Abfahrt des Dampfers von New York     5. 2., 10 Uhr
an Cherbourg     14.2., 3.30 Uhr
ab Cherbourg     14.2., 5.30 Uhr
an Southampton     14.2., 11.10 Uhr
ab Southampton     14.2., 12.15 Uhr
an Cuxhaven     15.2., 5.00 Uhr
ab Cuxhaven     15.2., 6.47 Uhr
(mit Sonderzug)
an Hamburg Hbf.     15.2., 8.47 Uhr
 
Dauer der Überfahrt:   10 Tage, 7 Stunden
davon ab Zeitunterschied     6 Stunden
    bleiben 10 Tage, 1 Stunde
 
Die ersten Tage sehr ruhig, dann mäßig bewegte See.
 
3.) Zugang an Post: Volle Post für ganz Europa (letzter Postabgang mit D. France ab New York 4.2. nach Le Havre).
a) Paketpost
    1 145 Sack, davon für Frankreich 41 Sack
  Insgesamt Deutschland fremden Ländern
b) Briefpost
Briefe 939 Sack 50 Sack 889 Sack
Drucksachen 598 Sack 115 Sack 483 Sack
  1 537 Sack 165 Sack 1 372 Sack
dazu
Paketpost 1 145 Sack    
Insgesamt 2 682 Sack.    
 
 
4.) Von der für Deutschland bestimmten Briefpost geöffnet und bearbeitet:
    37 Sack  Briefe
    93 Sack  Drucksachen
  zusammen 130 Sack  
  neugefertigt 142 Sack  
 
5.) Von der Seepost abgewiesen:
In Cherbourg   710 Sack  Briefpost, darunter die eilige Post für Deutschland
    41 Sack  Paketpost
In Southampton   557 Sack  Briefpost
    460 Sack  Paketpost
In Cuxhaven   282* Sack  Drucksachenpost für Deutschland und die nordischen Länder
In Hamburg   644 Sack  Paketpost
    2 694 Sack.  
 
* Die nicht für Hamburg bestimmte Post - an 8.47 Uhr - ist noch mit den Spätzügen weitergesandt worden.
 
6.) Zahl der bearbeiteten Einschreibbriefe:
3 196 Stück.
 
7.) Arbeitszeit: Durchschnittlich täglich 81/2 Stunden, doch sind an den beiden letzten Tagen in der Hauptsache nur Vorbereitungen für den Dienst der nächsten Seepost getroffen worden.


III. Dienstbetrieb im Allgemeinen:

Auf der Aus- und Heimreise ist aufgearbeitet worden. Die Briefpost nach den Vereinigten Staaten ist in der vor dem Kriege üblichen Weise bearbeitet und in New York auch getrennt nach New York DPO und New York Eisenbahnen an das Postboot abgeliefert worden. Die Einschreibkartenschlüsse nach dem Innern des Landes sind jedoch als Closed mails auf New York DPO abgefertigt worden, weil früher diese Posten mit besonderen amerikanischen Schlössern zu verschließen waren. Die Briefpost für New York City blieb uneröffnet. Früher ist die City-Post mit Vorrang vor der übrigen Post bearbeitet worden. Nach einer Auskunft in New York soil jetzt die Dis-Post zuerst bearbeitet werden, damit sie nicht den New Yorker Betrieb stört.

Auf der Heimreise ist für Deutschland bestimmte Briefpost nach Maßgabe der früheren Abfertigungsübersichten bearbeitet worden. Abweichend hiervon sind jedoch die Einschreibposten gemeinsam von den amerikanischen und einem deutschen Beamten (Postinspektor Zahn) entkartet worden, worauf die Sendungen in den Gewahrsam des deutschen Beamten übergegangen und von diesem summarisch auf die deutschen Dienststellen abgefertigt worden sind. Eine Eintragung der Sendungen in Listen, wie es vor dem Kriege der Fall war, hat nicht stattgefunden, wodurch viel Zeit gespart worden ist. Die amerikanischen Einschreiblisten verbleiben nunmehr fur etwaige Nachforschungen bei den deutschen Seepostpapieren.

Die eilige Post ist in Cherbourg, die nichteilige Post, und zwar außer der für Deutschland auch die für die nordischen Reiche bestimmte, in Cuxhaven abgewiesen worden.

Nach meinen Erfahrungen ist die eilige Briefpost nach und von Amerika jetzt erheblich stärker als vor dem Kriege; namentlich die Einschreibsendungen aus Amerika haben um das Vielfache zugenommen. Die Bearbeitung der Post nimmt daher mehr Zeit in Anspruch als vor dem Kriege. Seeposten, die mehr als eine eintägige Post erhalten, werden daher mit mindestens vier Kräften (ein deutscher, ein amerikanischer Beamte, zwei deutsche Schaffner) zu besetzen sein.

Die Schiffsleitung hat der Seepost jedes Entgegenkommen gezeigt und dieser die zum Entkarten, Verlesen usw. erforderlichen Matrosen (1-4 Mann) ohne Verzug zur Verfügung gestellt.

IV. Rücksprache mit dem Superintendent of Foreign Mails in New York wegen der Postzuführung an deutsche Seeposten.

Das Seepostpersonal hat sich am Tage nach der Ankunft 10 Uhr vormittags beim Superintendent of Foreign Mails in New York gemeldet. Die Aufnahme war herzlich. Auf meine im Laufe des Gesprächs gestellte Frage, ob die Seepost volle Post erhalten und von einem amerikanischen Beamten begleitet werden würde, wurde mir erwidert, daB hierüber die Entscheidung aus Washington noch ausstehe. Es wurde mir eine Übersetzung des Schreibens des RPM nach Washington vom 3. Dezember vorgelegt, den vom P. M. General nur kurz hinzugefügt war, daß die Sache noch nicht klar übersehen werden könne und daher weiter geprüft werden müßte. Der Superintendent wie auch die weiter anwesenden Beamten versicherten mir aber, daB man in New York für die Einrichtung deutsch-amerikanischer Posten sei. Falls die Zustimmung aus Washington rechtzeitig eingehe, würde der Beamte Quigley die Seepost begleiten, ebenso würde der Dampfer die volle Post für ganz Europa erhalten. Beim Ausbleiben der Verfügung könnte der Beamte nicht mitreisen, doch würde die Seepost die nach Abfahrt des Dampfers France nach Le Havre - ab New York 4. 2. - aufkommende, also eine eintägige Post für Deutschland erhalten. Die übrige Post müßte dem Dampfer Berengaria - ab 7. 2. - mitgegeben werden, der sie einen Tag früher in Cherbourg und Southampton lande, als der Dampfer Albert Ballin. Ich erklärte mich damit nicht zufriedengestellt und wies darauf hin, daß bei ähnlich liegenden Fahrplänen die amerikanischen Seeposten ab Hamburg und Bremen stets die volle deutsche und fremde Post erhielten. Es ware daher nur fair play, wenn den jetzt eingerichteten Seeposten in New York in gleichem Umfang alle Post für Deutschland und fremde Länder zugeführt werden würde. Im Verlauf der weiteren, im übrigen in englischer Sprache geführten Unterredung, äußerte ich schließlich die Absicht, selbst nach Washington zu fahren, um bei dem zuständigen Herrn, dem mir von früher her persönlich bekannten Mr. Edwin Sands, daselbst eine Entscheidung in der nun schon langer Zeit schwebenden Angelegenheit herbeizuführen. Ich erhielt darauf die Zusage, daß ein amerikanischer Beamter, der freie Reisen auf allen Bahnen hatte, nach Washington fahren und endgültig Auskunft einholen würde. Die Herren wünschten vorher jedoch die Seeposträume auf dem Dampfer Albert Ballin zu besichtigen. Im Einverständnis mit der Schiffsleitung sind die Herren auf den 30. 1. hierzu eingeladen worden. Die Beamten haben sich über die Seeposträume, die in New York frisch gestrichen waren, in jeder Beziehung anerkennend ausgesprochen. Dagegen wurde es abgelehnt, den amerikanischen Beamten die für zwei Beamte vorgesehene Postkabine beziehen zu lassen, weil sie weder nach ihrer Lage innerhalb der 2. Klasse, noch ihrer einfachen Ausstattung wegen billigen Anforderungen entspräche. Es handelt sich um eine auf dem untersten Wohndeck 2. Klasse belegene Außenkabine, die weniger wohnlich eingerichtet ist, als die des deutschen Schaffners. Der deutsche Beamte hat die gleiche Klage geführt. Mir selbst hatte die Hamburg-Amerika-Linie eine Kabine in der 1. Klasse zur Verfügung gestellt. Es wird sich empfehlen, die Hamburg-Amerika-Linie zur Hergabe einer besser gelegenen Kabine zu bewegen, die dann auch wie eine solche der 1. Klasse auszustatten wäre. Ich sprach in den folgenden Tagen wiederholt beim Superintendent of Foreign Mails vor, erfuhr aber erst am Tage vor der Abfahrt, daß nunmehr auf den beiden Hamburger Dampfern gemeinsame Seeposten verkehren und diese stets volle Post erhalten würden. Vorher war mir die telegrafische Anfrage aus Washington an das RPM wegen Besetzung amerikanischer Schiffe mit deutschen Beamten mitgeteilt worden. Der Superintendent erwähnte noch, daß nunmehr wohl auch die Dampfer Resolute, Reliance und Cleveland mit gemeinsamen Seeposten besetzt werden würden, wenn die Schiffe statt der Panamaflagge die amerikanische oder auch die deutsche Flagge führen würden. Im übrigen war Näheres darüber, unter welchen Bedingungen der gemeinsame Seepostdienst auf deutschen und amerikanischen Schiffen ausgeführt werden würde, in New York nicht zu erfahren.

V. Sonstiges

Zur Förderung der Einrichtung gemeinsamer Seeposten habe ich am 28. 1. im Benehmen mit dem New Yorker Generalvertreter der Hamburg-Amerika-Linie einen kleinen Artikel für die New Yorker Zeitungen des Inhalts verfaßt, daß die erste Seepost Hamburg-New York mit Dampfer Albert Ballin eingetroffen sei und 2 288 Sack abgewiesen habe. Das deutsche Personal sei in erster Linie zur Bearbeitung der Briefpost nach Deutschland bestimmt, habe aber in Abwesenheit des amerikanischen Beamten auch die Briefpost nach dem Innern der Vereinigten Staaten sortiert usw. Der Artikel ist in den meisten New Yorker Zeitungen, allerdings hier und da verkürzt, erschienen. Den Ausschnitt einer Zeitung füge ich bei. Ich bemerke noch, daß der Vertreter der Hamburg-Amerika-Linie die Hinzufügung meines Namens gefordert hat, weil die Hamburg-Amerika-Linie in New York noch nichts veröffentlichen könnte, was einer außergewöhnlichen Reklame ähnlich sähe.

gez. Dahlke, OPI.

Abschrift

J'l of Commerce Jan. 30. 1925
Operation of the German sea post service from Hamburg on German steamers, which was suspended in 1914, was resumed through the efforts of the Minister of Posts of Germany on the westbound trip of the steamer Albert Ballin, which arrived Tuesday from Hamburg with 2,288 bags of mail. Albert Dahlke chief inspector of the German Postal Service, is in charge of the inauguration of this new facility and heads a staff of three clerks from Hamburg. It is hoped that in the near future American sea post clerks will take charge of the sorting of mail intended for America. The sorting and distribution of mail during the ocean voyage expedites its delivery about twenty-four hours. It is planned to continue this German sea post service from Hamburg on the next sailing on the Deutschland.


Quelle:

"Postgeschichtliche Blätter Hamburg", Heft 31/1988
Anmerkung: Das am Anfang erwähnte Postmuseum am Stephansplatz in Hamburg existiert seit 2009 nicht mehr.



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